
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 2.11.2016 - 10 AZR 596/15: Das Bundesarbeitsgericht (BAG) stellt in einer Entscheidung aus dem Jahr 2016 klar, dass die Arbeitspflicht des Arbeitnehmers die Pflicht umfasst, an einem vom Arbeitgeber während der Arbeitszeit im Betrieb angeordneten Gespräch teilzunehmen. Der Arbeitgeber ist berechtigt Inhalt, Ort und Zeit der zu erbringenden Arbeitsleistung näher zu bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht anderweitig festgelegt sind (§ 106 Satz 1 GewO). Die Ausübung dieses Bestimmungsrechts (arbeitgeberseitiges Direktionsrecht) ist aber an bestimmte Voraussetzungen geknüpft.
Da ein erkrankter Arbeitnehmer während der Arbeitsunfähigkeit seiner Arbeitspflicht nicht nachkommen muss, ist er nicht ohne Weiteres zu einem persönlichen Erscheinen im Betrieb verpflichtet. Es ist dem Arbeitgeber nicht schlechthin untersagt, mit dem erkrankten Arbeitnehmer in einem zeitlich angemessenen Umfang in Kontakt zu treten, z.B. um mit ihm im Rahmen der arbeitsvertraglichen Vereinbarungen die Möglichkeiten seiner weiteren Beschäftigung nach dem Ende der Arbeitsunfähigkeit zu erörtern. Voraussetzung hierfür ist allerdings die Darlegung eines berechtigten Interesses auf Seiten des Arbeitgebers. Der arbeitsunfähige Arbeitnehmer ist nur dann verpflichtet, auf Anweisung des Arbeitgebers im Betrieb zu erscheinen, wenn dies ausnahmsweise aus betrieblichen Gründen unverzichtbar und der Arbeitnehmer dazu gesundheitlich in der Lage ist.
Nachdem die für die Unverzichtbarkeit des Erscheinens im Betrieb darlegungs- und beweispflichtige Beklagte solche Gründe in dem vom BAG entschiedenen Fall nicht vorbringen konnte, musste der Kläger der Anordnung der Beklagten, im Betrieb zu einem Personalgespräch zu erscheinen, nicht Folge leisten. Die hierzu ausgesprochene Abmahnung war daher zu Unrecht erfolgt, weshalb der Kläger ihre Entfernung aus der Personalakte verlangen konnte.
Marc Stenzel
Fachanwalt für Arbeitsrecht
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