und Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung.
Im Falle von Arbeitsunfähigkeit hat der Arbeitnehmer gemäß § 5 EFZG (Entgeltfortzahlungsgesetz) zwei Pflichten:
Erstens muss er den Arbeitgeber über seine Arbeitsunfähigkeit und deren vorraussichtliche Dauer informieren (Anzeigepflicht) und zweitens muss er seine Arbeitsunfähigkeit nachweisen (Nachweispflicht).
Die Rechtsprechung definiert zunächst den Begriff „Krankheit“ als einen regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustand.
Wer aufgrund einer Krankheit seine ausgeübte Tätigkeit nicht mehr oder nur unter der Gefahr der Verschlimmerung der Erkrankung ausführen kann, gilt als arbeitsunfähig.
Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 3 EFZG liegt daher auch vor:
Keine Arbeitsunfähigkeit im Sinne des § 3 EFZG liegt hingegen zum Beispiel vor:
Der Arbeitnehmer muss den Arbeitgeber zunächst über seine Arbeitsunfähigkeit informieren.
Unverzüglich, dass heißt, ohne schuldhaftes Zögern, also am ersten Tag der Erkrankung, und zwar zu Arbeitsbeginn, spätestens in den ersten Arbeitsstunden.
Mündlich, telefonisch, per Telefax, SMS oder Email. Die Anzeige kann auch durch Angehörige oder Arbeitskollegen erfolgen.
Eine Anzeige per Post dürfte angesichts der Postlaufzeiten im Zweifel nicht „unverzüglich“ und damit verspätet sein.
Hier hat der Arbeitnehmer den Arbeitgeber ebenso unverzüglich von dem geplanten Arztbesuch in Kenntnis zu setzen und nach dem Arzttermin von der Arbeitsunfähigkeit, falls eine Krankschreibung erfolgt ist.
Auch über die Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit über den zunächst attestierten Zeitraum hinaus muss der Arbeitnehmer den Arbeitsgeber wiederum unverzüglich informieren.
Ja.
Dies kann der Arbeitgeber festlegen, unter Beachtung der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats, gegebenenfalls im Rahmen einer Betriebsordnung.
Irgendeinem Kollegen Bescheid zu geben, reicht daher im Grundsatz zur Erfüllung der Anzeigepflicht nicht aus. Dieser muss die Anzeige der Arbeitsunfähigkeit quasi „als Bote“ des Erkrankten noch den zuständigen Personen bzw. Stellen des Arbeitgebers weiterleiten.
Grundsätzlich nein. Aber es gibt Ausnahmefälle:
Ja, wenn der Arbeitgeber auf andere Weise von der Arbeitsunfähigkeit erfahren hat (zum Beispiel bei einem Betriebsunfall).
Hierzu enthält § 5 Absatz 2 Entgeltfortzahlungsgesetz folgende Regelungen:
Der Arbeitnehmer ist verpflichtet, dem Arbeitgeber die Arbeitsunfähigkeit, deren voraussichtliche Dauer und die Adresse am Aufenthaltsort in der schnellstmöglichen Art der Übermittlung mitzuteilen (die durch die Mitteilung entstehenden Kosten hat der Arbeitgeber zu tragen).
Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer, wenn er Mitglied einer gesetzlichen Krankenkasse ist, verpflichtet, auch dieser die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer unverzüglich anzuzeigen.
Kehrt ein arbeitsunfähig erkrankter Arbeitnehmer in das Inland zurück, so ist er verpflichtet, dem Arbeitgeber und der Krankenkasse seine Rückkehr unverzüglich anzuzeigen.
Verletzt der Arbeitnehmer trotz vorheriger mehrfacher Abmahnungen seine Anzeigepflicht, kann dies eine ordentliche Kündigung rechtfertigen (BAG, Urteil vom 16.08.1991, Az.: 2 AZR 604/90).
Der Entgeltfortzahlungsanspruch wird allerdings nicht eingeschränkt.
Zum Zweiten muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber seine Arbeitsunfähigkeit nachweisen.
Er muss dem Arbeitgeber eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen.
Diese muss enthalten:
Nach § 5 Absatz 1 Entgeltfortzahlungsgesetz muss der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber spätestens am vierten Tag der Arbeitsunfähigkeit eine ärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorlegen.
Wenn eine Krankheit also nur bis zu drei Kalendertage dauert (sogenannte Kurzerkrankung), muss nach § 5 Absatz 1 Satz 2 EFZG überhaupt keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vorgelegt werden.
Aber:
Nach § 5 Absatz 1 Satz 3 EFZG ist der Arbeitgeber berechtigt, die Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auch schon zu einem früheren Zeitpunkt zu verlangen!
Dieses Recht kann der Arbeitgeber sowohl nur einzelnen Mitarbeitern gegenüber ausüben als auch generell allen Arbeitnehmern gegenüber.
An besondere Vorraussetzungen ist der Arbeitgeber bei der Ausübung dieses Rechts nicht gebunden, sie steht in seinem Ermessen; nur diskriminierend darf die Ausübung nicht sein.
In Arbeitsverträgen darf denn auch vereinbart werden, dass die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits am ersten Tag der Arbeitsunfähigkeit vorgelegt werden muss (BAG, Urteil vom 01.10.1997, Az.: 5 AZR 726/96).
Will ein Arbeitgeber in Betrieben mit Betriebsrat anordnen, dass generell zum Beispiel Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen früher als am vierten Tag vorzulegen sind, so besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 81 Absatz 1 Ziff. 1 BetrVG (BAG, Beschluss vom 25.01.2000, Az.: 1 ABR 3/99).
Auch eine entsprechende Regelung im Tarifvertrag ist möglich (BAG, Urteil vom 26.02.2003, Az.: 5 AZR 112/02).
Ja.
Im Gesetz gibt es hierzu keine Regelung, man wird aber sagen können, dass eine Folgebescheinigung erneut innerhalb von drei Tagen nach Ablauf der vorangegangenen Bescheinigung vorzulegen ist.
Achtung: Auch hier können natürlich wieder abweichende Anweisungen des Arbeitgebers oder sonstige Regelungen (Tarivertrag, Betriebsordnung, Arbeitsvertrag) bestehen.
In diesem Fall muss der Arbeitnehmer seine Arbeitsunfähigkeit durch eine ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachweisen.
Im Allgemeinen kommt einer im Ausland ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der gleiche Beweiswert zu wie einer von einem deutschen Arzt ausgestellten Bescheinigung. Allerdings muss die Bescheinigung erkennen lassen, dass der Arzt zwischen einer Krankheit und einer mit einer Krankheit verbundenen Arbeitsunfähigkeit unterschieden hat (BAG, Urteil vom 01.10.1997, AZ.: 5 AZR 499/96).
Legt ein Arbeitnehmer trotz wiederholter Aufforderung keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, kann eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt sein (Hessisches LAG, Urteil vom 13.07.1999, 9 Sa 206/99).
Vielfach kommt es zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern zu Differenzen über die Frage, ob ein Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig ist.
Hat der Arzt die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung unter Beachtung der AURichtlinien (Richtlinien zur Erteilung von ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbesheinigungen) erstellt, so spricht für die inhaltliche Richtigkeit der Bescheinigung der sogenannte Beweis des ersten Anscheins.
Ein Gericht kann im Regelfall den Beweis der Arbeitsunfähigkeit durch die Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung als erbracht ansehen (BAG, Urteil vom 11.10.2006, Az.: 5 AZR 755/05).
Der Arbeitgeber kann allerdings den Beweiswert einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttern, wenn er Tatsachen vorträgt (und beweisen kann), die zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit führen, so im Einzelfall zum Beispiel:
Nicht ausreichend sind in der Regel:
Nach § 275 Absatz 1a Satz 2 SGB V kann der Arbeitgeber zur Beseitigung seiner Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit seines Arbeitnehmers von dessen gesetzlicher Krankenkasse verlangen, dass diese die Arbeitsunfähigkeit ihres Mitglieds überprüft.
Die Krankenkasse hat dann eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes einzuholen (es sei denn, die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers ergibt sich eindeutig aus den ihr vorliegenden Unterlagen).
Das Ergebnis (nicht die Diagnose) wird dem Arbeitgeber – jedoch nur für den Zeitraum seiner Entgeltfortzahlungspflicht - mitgeteilt, falls eine von dem ärztlichen Attest abweichende Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (also gar keine Arbeitsunfähigkeit, eine kürzere oder eine längere) erfolgt. Ebenso erfährt der Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer zur angeordneten Untersuchung nicht erschienenen ist.
Ist der Arbeitnehmer privat krankenversichert, ist diese Einschaltung des Medizinschen Dienstes nicht möglich.
Marc Stenzel
Fachanwalt für Arbeitsrecht